Der „Ninnie Hennes“

Wolfgang Diederich

 

An den Kaisertagen am Rhein vom 1. – 9. September 1893 waren Paraden und ein Kaisermanöver des achten, rheinischen gegen das sechzehnte, lothringische Armeekorps bei Metz in Lothringen vorgesehen. Deshalb wurde am 29. August die 15. Division zur Parade von Koblenz nach Trier verlegt. Außerdem wurde am 28. August im Raume Zell eine große Zahl von Landwehrleuten zu einer Übung einberufen.

Zu diesem Zeitpunkt waren hohe Herren aus  Berlin angereist die einen Aussichtspunkt nahe dem Briedeler Sündehäuschen aufsuchten. Fasziniert blickten sie zur anderen Moselseite und beobachteten einen Infanterieangriff auf den Barl.
In Briedel ging das Gerücht um, das sogar der Kaiser dort gestanden habe, weshalb man die Stelle später als  „Wilhelmshöhe“ bezeichnete. Alle waren erfüllt von vaterländischer Begeisterung, bis auf einen Bösewicht, den man „Ninnie Hennes“ nannte.

Dieser war der Tagelöhner Johann Hillesheim. Am 15. März 1893 wurde die Erteilung seines Auswanderung – Consenses nach Brasilien in der Kreisstadt Zell registriert. Als Meldereiter der nun dem Landsturm I angehörte, hatte er einst bei den Preußen gelernt, Befehle durch Trompetensignale weiterzugeben. Nun beabsichtigte der ehemalige Hornist vor seiner Auswanderung noch einen ganz besonderen Streich zu spielen. Er ging zur Feldarbeit auf die Briedeler Heck und nahm sein Horn mit. Als das Kriegsspektakel deutlich zu vernehmen war, blies er: „Das ganze Halt!“ Sofort geben die Meldereiter, die gut gedrillt waren, das Signal weiter.

Das große echo beunruhigte den „Ninnie Hennes" zunehmend. Seine Schadenfreude wich der Angst vor der Strafe, die ihm drohte. Er lief nach Hause und trat noch in derselben Nacht fluchtartig seine Auswanderung an. Inzwischen verdächtigte man nämlich einen Briedeler als den Übeltäter, der sich höchste Befehlsgewalt anzueignen wagte. Am nächsten Morgen kam die Polizei schon um 5 Uhr in aller Frühe nach Briedel, um ihn zu fangen und für lange Zeit hinter Gittern einzusperren. Der „Ninnie Hennes“ war jedoch bereits nach Brasilien unterwegs.