Die Briedeler Kirchenmäuse

Script zur Moderation anläßlich der geistlichen Weinprobe am 16.11.2007

 

H: Marju, mir arme Mäuscher, nur weil et dänne Trerer net gefällt, dat in der Kirch ein Weinprof gemacht get, meßen mir hei rinner ont Pfarrheim dippele.
West ihr, wie weit un gefährlich dat os, mot ose klane Fesjer.

G: Ja, Ja. dat verstehn ich och nitt. Wo doch schon seit Beginn von oser Kirch immer goode Meßwein gedrunke ist genn. Hm., ich hon schun a paarmol drann geleckt.

H: Jo, Jo, der Pastur läßt ja immer zu winnig iwerich, da gren eich neist mi.

G: Wißt ihr eigentlich, ihr Leut, wie alt unser Kirch do owe schu ist? Die ältesten Hinweise über das Bestehen einer St. Martin Kirche in Briedel reichen ins Jahr 585 n.Chr.. Der damalige Trierer Bischof Magnerich war ein glühender Martins-Verehrer und ließ viele St.Martins-Kirchen bauen.
Der Bischof Gregor von Tours, ein Nachfolger des Heiligen Martin, kam in diesem Jahre mit dem Schiff die Mosel herab auf seinem Weg von Bischof von Metz zum König, der in Koblenz residierte. In Briedel machte er Halt und hat vermutlich die gerade fertiggebaute Kirche dem heiligen Martin geweiht.

H: Der spätere König Dagobert I. schenkte um 630 n.Chr. die königlichen Besitzungen in Briedel mit der St.Martin-Kirche an das Bistum Metz. Am 20. Mai 748 überträgt dann Bischof Chrodegang von Metz u.a. dem Weinzehnten zu "Bredaculo" an das von ihm neugegründete Kloster Gorze.
Im Jahre 959 vererben der Gaugraf Zeizolf und seine Mutter dem Kloster St. Trond in Belgien zwei HÖfe und Weinberge in Briedel. Mit diesem erhaltenen Erbvertrag ist der älteste urkundliche Nachweis einer St. Martins-Kirche in Briedel erhalten.

Ob St. Martin selbst im Jahre 384 in Briedel war, wie es der Hermann Thur immer behauptet, ist derzeit noch nicht belegt. Als Beweis dafür sucht der immer noch ein Hufeisen von St. Martins Pferd.

G: Meinste, dat mir demnächst öfters hei onnt Pfarrheim meese?

H: Wiesu dat dann?

G: Ei, wejen der Heizung onn denne huhe Ölpreise.

H: Ja, hei im Pfarrheim os et och kei Garant, dat es warm oss. Manchmal oss hei sogor net mol eine Droppe Öl im Kessel.

G: Ja, Ja, mir arm Kirchemäuscher hatten nie vill droff, 1154 wurden deshalb die Zehntrechte neu geregelt, denn die Kirchenherren brauchten dringend mehr Geld. Vermutlich, weil das Gebäude zu alt war, und eine neue Kirche gebaut werden mußte.
Den Patern von St. Trond wurde der Weg nach Briedel zu weit und die Briedeler lieferten ihnen zuwenig Wein ab. Daher verkauften Sie ihre Güter 1264 an das Kloster Himmerod, das fortan für 500 Jahre Herr in Briedel war.

H: Anno 1316 hat dann der Trierer Erzbischof Balduin das ganze Dorf Briedel den Himmeroder Mönchen unterstellt und denen alle Zehntrechte gestiftet. Als Gegenleistung dafür mußten die Patres jedes Jahr für den Kaiser Heinrich VII und seine Gemahlin Margarethe ein Jahrgedächtnis in unserer Kirche feiern.

G: So, So, Komisch, ich habe aber schon lange keine Klosterbrüder mehr hier gesehen.

H: Ja, damals die schien alt Zeite waren gar net so schie, wie immer gesoot get. Die Leut woaren ganz schien arm. Sei hatten kaum ebbes zu esse und mosste von dem bessche ja och noch den Zehnte bezolle.

G: Ja, und wenn es dann einmal ein paar gute Ernten gegeben hatte, spendeten Sie schöne und wertvolle Stücke für die Kirche. Im 30-jährigen Krieg dann kamen wieder einmal die Söldnertruppen und plünderten die Kirche. Sie nahmen alles mit und verwüsteten unser Haus. Auch in den späteren Jahren, besonders im 20. Jahrhundert, wurde die Kirche noch mehrmals Ziel von Einbrecher- und Diebesbanden.

H: Ja, damit ds künftig nicht mehr passieren soll, wurde unsere schöne Kirche im im Jahre 1990 von der Unesco zum Weltkulturerbe erhoben.

H: Ja, Ja, eleih un der Kirch ging et schun oft huh her. 1721 z.B. berichtet die Chronik davon, dass in der Briedeler Kirche ein großer Missbrauch mit den Stühlen getrieben werde, welche die Pfarrkinder untereinander kaufen und verkaufen, so daß einzelne sechs oder sieben Stühle besitzen und "die armen Kinder demnächst auch arme alte Leute in den Gottesdiensten stehen müssen" Dabei soll es sogar in der Kirche zum Schlagen gekommen sein.
Ein andermal (so um 1728) beschwert sich der Pastor mal wieder beim Bischof über seine Schäfchen. Die Junggesellen würden gegen die Churfürstliche Ordnung verstoßen und hätten am Kirmesmontag gespielt und getanzt. Die Delinquenten mußten nach Trier und wurden dort zu einer hohen Kirchenstrafe verurteilt.,

G: Im Jahr darauf steht in Protokollbuch, dass ein Junggeselle gegen das Verbot einen lutherischen Spielmann engagiert hatte und mit seinen Kameraden am Aschermittwoch auf die Marienburg gegangen sei und dort "tags und die darauf folgende Nacht getanzt" habe. Der Pastor hat ihnen eine dicke Kirchenstrafe andiktiert, die aber bisher noch nicht eingelöst ist. Diese Kirchenstrafen für unerlaubtes Tanzen wurden noch öfter, zuletzt 1784 " weil sie nach Dreikönigen nachts getanzt hätten" verhängt. Und 10 Jahre später beschwert sich der Pastor dem Bischof anläßlich der Visitation über nächtliche Tanzbelustigungen, Kartenspiel an Sonntagen und ein Gelage am 1.Fastensonntag. Ganz eigentümlich war ihm auch der im Dorfe übliche Brauch, am Aschermittwoch die übrig gebliebenen Schinken und Knochen zu vergraben. Und von dem großen Prozeß um das bekannte Schöffenmahl, das sie ja in erneuerter Form jetzt wieder alle mitmachen dürfen, brauche ich ja nicht besonders zu erzählen.

H: Ja, Ja, bei denne Feiere damals ging et uns och immer gut. Awer, hast och schon eleih von der Geschicht gehiert:
Der Pastor Gallus ging im Jahre 1575 mit einem Schäfchen, das ihn wiederholt um Hilfe bei verlorener Manneskraft gebeten hatte, zu einem Kreuz auf dem Zeller Berg. Dort hat er ein Loch durch dasselbe gebohrt und den Hilfesuchenden aufgefordert, sein Wasser durch es zu lassen. Nachdem dieser Vorfall bekannt wurde, wurde der Pfarrer entlassen.

H: Ja, Ja, kannst Du dich noch dorann erinnere, wie die jetzige Kirche gebaut genn oss, Mensch, wat wor das für en Geschäftigkeit, do oss für uus manch Breckelche offgefall.

G: Das alte Kirchengebäude wurde im Laufe der Zeit baufällig, da eine Renovierung nicht mehr möglich war, wurde in den Jahren 1772 - 1776 eine neue Kirche an der alten Stelle erbaut. die dann am 9. 3. 1781 feierlich eingewiehen wurde.

H: Das Kirchenschiff und der Chor wurde von der Abtei Himmerod und dem Weihbischof von Trier, den damaligen Zehntherren erbaut. Den Kirchturm finanzierte die Zivil-Gemeinde. Alle Bürger mußten durch Frondienste am gesamten Kirchenbau mithelfen.

G: Der Baustil unserer jetzigen Kirche ist der in jener Zeit übliche leichte Renaissancestil mit Rundbogenfenstern. Das Gewölbe ist ein Kreuzgewölbe, eingeteilt in verschiedene Felder, die nicht wie sonst üblich, durch Rippen, sondern durch sich kreuzende Kanten markiert sind.

H: Die Decke ist mit Freskomalereien in Rokokostil bedeckt. 1785 wurden diese durch den Bernkasteler Kirchenmaler Franz Freund angefertigt.Mensch, wat woar dat domals für ein Zirkus, die Briedeler wollten einfach nix mie für die Kirchebildcher bezahle, denn der Kirchenbau hat schon genoch kost. Heut kinne ma fruh sein, dat sich die Patere damit durchgesatzt hon.

G: Im 1900 erimm woaren dem Pastor die Bildcher an der Deck zu bunnt, da hat ä seh einfach mit weißem Kalk übertüncht. Soebbes Doofes! Im Krieg wurde die Kirche zum Glück nur leicht beschädigt, Die Kirche mußte aber 1946 renoviert werden. Professor Hermann Velte als Frankfurt resaturierte die schöne alte Decke, deren Gemälde seither wieder in altem Glanze erstrahlen.

H: Aber, wenn elei net schnell ebbes passiert, dann sein die schie Deckebildcher widder kaputt. Wat oos alt Vorgänger kunnte, dat wierde mir heut doch sicher och kinne. Also, bitte, bitte, spendet einmal kräftig, damit diese schöne und wertvolle Decke für uns uns unsere Nachkommen erhalten bleibt.

G: Net zu vergease, oos Wohnung, die Sakristei war denne Pastier schon immer zu klaan. und moost imgebaut genn. Onn wat dat fier ein Schweinerei ist, wenn man in einer Baustelle wohnen muß, dat wisst ihr ja auch sicher alle. Für oos on ooser Vorratsnestcher war die alt viel besser.

H: Ja, kaum 100 Jahre später, schon 1865 mußte diese ganz neu und größer gebaut werden. 1946 und 1993 schon wieder wurde angebaut.

G: Die Altäre und die Kanzel wurden damals von dem Briedeler Schreinermeister Matthias Brem gebaut. 1901 war dem damaligen Pastor der Altar nicht mehr zeitgemäß, und wurde mit hohen Kosten ein neuer gotischer Altar aufgestellt, der überhaupt nicht in den Kirchenstil passte. Dieses kunstverständige Erzeugnis wurde zum Glück wieder beseitigt und 1949 der alte Altar resaturiert und aufgestellt. Nur die beiden Cherubim, die verkauft worden waren, mußten neu beschafft werden.

H: Schon 1780, kurz nach dem Kirchenneubau, wurde durch die berühmte Orgelbauerfamilie Stumm eine große Orgel eingebaut. Diese hatte die größten Kriegsschäden erlitten und wurde 1960 komplett saniert.

G: Schon in der alten Vorgängerkirche wurden 1756 4 neue Glocken aus der Saarburger Glockengießerei aufgehangen. Als Kurfürst Franz Georg von Schönborn starb, wurde dessen Leichnam auf dem Schiff von Koblenz nach Trier überführt. Alle Gläubigen mußten am Moselufer stehen und dem Kurfürsten das letzte Geleit geben. Die Glocken läuteten derweil so heftig, dass die größere Glocke zersprang. Da die drei restlichen nur ein unharmonisches Geklingel von sich gaben, wurden alle eingeschmolzen und neu gegossen.

H: Im 1. Weltkrieg wurde eine, mittlerweile wieder zersprungene Glocke für Kriegszwecke abgeliefert. 1928 konnten dann wieder 3 neue Glocken aus Spenden der Beölkerung angeschafft werden. die 1. als Martinsglocke, die 2. zum Gedächtnis an die Gefallenen und die 3. als Angelusglocke.

G: Am 20. August 1942 wurden die beiden schwersten Glocken wieder für Zwecke der Kriegsindustrie vom Turm geholt. und erst am 27.9.1953 konnten die drei neuen Glocken, die uns noch heute rufen, wieder eingeweiht werden.
Die große Glocke auf den Ton "d" wiegt 1280 kg und ist dem heiligen Martin geweiht.
die 2. Glocke auf den Ton "f", wiegt 750 kg und ist dem hl. Herzen Jese geweiht
die 3. Glocke auf den Ton "g", wiegt 520 kg und ist dem hl. Erzengel Michael geweiht.

H: Ja, der Kirchenbesuch läßt ja immer mehr nach. Naja, die Zahl der Einwohner in Briedel geht ja auch immer weiter zurück. Früher war das anders. Noch 1870 waren Überlegungen im Gange, die Kirche in Anbetracht der stark gestiegenen Zahl der Gläubigen zu vergrößern.

G: Ein Glück, das das nicht zustande kam. Wer sollte denn dann heute die Heizkosten dafür bezahlen.

H: Überhaupt, die ständigen Reparaturen am Dach. Dauernd ist es undicht und wir werden naß. 1946 wird Blech und Schiefer gehamstert, um das Dach dicht zu kriegen. Im Januar 1968 dringt Schmelzwassser in die Sakristei ein und beschädigt die Elektroanlage. Dadurch werden nachts alle Glocken eingeschaltet und keiner kann sie ausschalten.

G: Und dann erst unser Wetterhahn: 1943 wird ein neuer, von Karl Rosenbaum gefertigter Hahn, aufgestellt. und dann erst:
"Der Wetterhahn ist in Schieflage"
"Der Hahn ist tot....."
"Adler-Schießen auf den Hahn"
so titelten 1974 weltweit die Zeitungen

. Wegen des morschen Gebälks ist ein manueller Abbau nicht möglich. Da auch eine Hubschrauberbergung nicht geht, wird der kurzerhand mit dem Gewehr heruntergeschossen. 26 Treffer waren nötig.

H: Ja, die Pastöre hatten es aber auch schwer. Jeden Tag den beschwerlichen Kirchweg von 10 Minuten und die 82 Treppenstufen machten es Ihnen nicht leicht. 1940 war die Pfarrstelle 3 Monate vakant, keiner wollte hier hin. Lt. der Chronik war der Grund auch der Ruf der schweren Seelsorgearbeit, der besonders mit Briedel verbunden war. Übelstände waren besonders das zu spät kommen, besonders die Männer auf der Empore, das Türenschlagen, lautes Schwätzen in der Kirche und das Rauchen auf der Mauer.

G: überhaupt: da steht so manches Interessante in der neueren Chronik:
1941: Verdunkelung der Kirche, indem alte Fahnen gefärbt und als Vorhänge benutzt wurden.
1944: bei der Silvesterschiesserei erhielt ein Mädchen einen Steckschuß in den Fuß
Einrichtung eines Entbindungsheimes. von Juli bis Jahresende 38 Geburten.
1945: Ende der österlichen Zeit. Einige Männer und Frauen sind nicht zu den hl. Sakramenten gegangen. Eine Besserung des religiösen Lebens merkt man nicht im Geringsten. Der Geist und die ganze Haltung ist noch zu materiall und irdisch.
1.10.1945 "In der Bevölkerung macht sich eine gewaltige Lieblosigkeit, Neid, Mißgunst, Haß und Egoismus breit.... Nur gegen Tausch geht etwas..."
Ende 1945:" Die Jugend ist gänzlich verwahrlost, Autoritätsverlust, Stolz und Brutalität sind groß. Französiche Soldaten sind in Einquartierung und jeden Samstagabend und an jedem Sonntag war Tanzmusik, wobei unsere Mädchen in hellen Scharen hinströmten. Ein entsetzlicher Vergnügungshunger und Vergnügungssucht macht sich bemerkbar..."

H: Im Mai 1946 ist eine Weinsammlung, um Tauschware zwecks für die neue Turmuhr zu bekommen, der Erlös war nicht besonders groß.
1947: - am Kirmesdienstag - ereignete sich, daß die Jugend die Kirmes begraben ging. Beim Umzug durchs Dorf trug sie eine Strohpuppe. Die Musik, die mitging, spielte unterwegs das "Miserere", das Lied "wo findet die Seele die Heimat" und beim Verbrennen der Strohpuppe das Lied "Er schwebt hinauf der Gottessohn" Das war schon Gotteslästerung, wie der Pastor vermerkte.

Auch mit den Küstern hatte man es nicht immer einfach. 1965 gabs Probleme mit dem neuen Küster, der aus Hxx stammte. "anstatt zu arbeiten, läuft er auf der Straße rum und besucht die Häuser mit schönen Frauen", steht in der Chronik vermerkt.

 

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