Beerdigungsrituale in Briedel

11/2014

In den alten Zeiten gabs noch keine Krankenhäuser oder Hospize. Daher sind die Menschen, von Unfällen abgesehen, zuhause in ihren Betten gestorben. Wenn es mit dem Leben zu Ende ging, riefen die Angehörigen den Pastor, der dem Sterbenden das Sterbesakrament, die letzte Ölung, spendete. Heute heißt das Krankensalbung und soll nicht nur eine Hilfe aus dem letzten Weg sein, sondern auch zur Gesundung Schwerkranker beitragen.

Nach dem Tod wurde die Totenglocke, die kleinste Glocke im Kirchturm, geläutet (gezänkt). Dabei gab es bei Frauen einen, bei Männern drei einzelne Vorschläge.

Der/Die Tote wurde zuhause, meist im Wohnzimmer der Familie, im offenen Sarg aufgebahrt. Verwandte, Nachbarn und Freunde kamen zu einem letzten Besuch. Unter Anleitung einer Vorbeterin wurden dann für die Toten gebetet, wobei sich die Gäste in allen Räumen drängten und manchmal bis hinauf auf den Speicher auf der Treppe saßen.

Die Sitte, Totenzettel (Sterbebildchen) zu verteilen fand bei uns sehr früh Anhänger. Schon aus dem ausgehenden 19. Jhd. sind uns viele überliefert. Während es anfangs nur kleine Druckauflagen für Familie und Verwandtschaft waren, werden sie heute schnellstmöglich in jeden Haushalt des Ortes verteilt. Bei den gefallenen Soldaten wurde meist ein Bild mit abgedruckt. Eine Sitte, die heute allgemein üblich ist. Sterbeanzeigen in Zeitungen, heute fast die Regel, sind uns aus der Vergangenheit nur ganz wenige überliefert.

In der Regel fand die Beerdigung nach 3 Tagen statt. An allen Abenden bis dahin erfolgte das Totengebet in der Kirche. Daran, wie auch später an der Beerdigung, nahmen neben den engeren Bekannten auch aus jeder Familie Briedels zumindest ein Mitglied teil. Am Beerdigungstag wurde der Sarg vor dem Hause aufgebahrt und mit Kränzen und Blumen geschmückt. Der Pastor mit seinem Messdienern kam zum Hause, wo sich auch die ganze Trauergemeinde einfand, um dem Toten das letzte Geleit zu geben.

Über die Jahrhunderte hinweg hoben die Nachbarn das Grab aus und trugen den Sarg zum Friedhof, wobei sie zum schwarzen Anzug einen Zylinder trugen. Erst 1949 schaffte die Gemeinde einen Leichenwagen an, sodass der Sarg nur noch die vielen Treppenstufen den Friedhof hinauf getragen werden musste. Der Leichenzug wurde von einem Kind mit dem Grabkreuz, meistens ein Enkel, angeführt. Dann kam der Pastor und der Sarg. Dieser wurde von 11 Männern, das waren immer die Cousins (Vettern), mit großen Kerzen begleitet. Dann folgten die Angehörigen und die Trauergemeinde.

Die Prozession ging zunächst zur Kirche, wo der Sarg vor dem Altar aufgebahrt wurde. Die Kerzen kamen derweil auf eine großen Kerzenständer. Wenn nicht genug Cousins da waren, trugen Neffen etc. das Licht. Oft reichte die Zahl 11 aber nicht aus und es kam verschiedentlich zu Rangeleien, wer denn nun eine Kerze tragen durfte. Die Kirche ist auch heute noch mit den Fahnen aller Vereine geschmückt, in denen der Verstorbene Mitglied war.

Nach der Totenmesse gings dann auf den Friedhof zur Beerdigung. Das Hinablassen war nicht immer einfach, da es eng und steil sowie bei Regen auch klitschig war. Mancher Sarg soll dabei schnell und ungleichmäßug hinabgefahren sein.Angehörige und Trauergemeinde zogen am offenen Grab vorbei, segneten es ein und sprachen einen stillen letzten Gruß.

Seit dem Bau der Leichenhalle gingen die Angehörigen nach dem Totengebet zu einem kurzen Gebet zum Sarg. Die Beerdigung fand dann nach dem Sterbeamt von dort aus statt.

Leichenpredigten waren bei uns nicht üblich. Nur bei wenigen Honoratioren erfolgen Abschiedsworte und Kranzniederlegungen am offenen Grab. Heute gibt der Pastor im Sterbeamt beim Wunsch der Angehörigen einen kurzen Abriss über das Leben des Verstorbenen. Im Sterbeamt ging nicht der Klingenbeutel rund, sondern die Trauergemeinde zog in langem Zug zum Altar, um dort ihr Opfer zu darzubringen. Auch dabei ging es strengstens nach festen Regeln des Verwandtschaftsgrades.

In den letzten Jahren hat auch bei uns die Feuerbestattung gegenüber der Erdbestattung an Boden gewonnen. Nachbarn haben meist wenig Zeit und so wird das Grab seit 1875 von einem gemeindlichen Totengräber ausgehoben. Der Leichnam wird von einem Bestatter eingesargt und dann zur Beerdigung vor der Kirche aufgebahrt, wo er von den Trauergästen eingesegnet werden kann. Während des Sterbeamtes wird er dann zum Grab gefahren. Die Urnen stehen hingegen während des Trauergottesdienstes vor dem Altar.

Familiengräber hatten manchmal Probleme mit der Verwesungszeit, wenn mehrere Angehörige kurz hintereinander verstarben. Diese Sitte ist bei uns sehr früh untergegangen, zumal der dafür vorgehaltene Friedhofsteil aufgehoben wurde und einem Parkplatz wich.

Unser Kirchhof war seit alters her ein kirchlicher katholischer Friedhof. Daher durften hier keine Nichtkatholiken beerdigt werden. Selbstmörder und andere Nichtchristen wurden außerhalb des Friedhofs im Zuweg beerdigt. Dies galt auch für ungetaufte Kleinkinder. Heute als kommunaler Friedhof gibt diese Trennungen nicht mehr.

Nach dem Begräbnis wurde nach 3 bzw. 14 Tagen je ein weiteres Sterbeamt gefeiert (heute ein 6-Wochen-Amt). Dann kam das Jahrgedächtnis. Desweiteren erfolgen Anniversarien (Stiftsmessen) in unterschiedlicher Anzahl und Wiederholung. Beispielsweise gab es seit 1376 bis zur Säkularisation eine jährliche Stiftsmesse für Kaiser Heinrich VII. und seine Ehefrau am Marienaltar der Kirche.

Bis in die 60er Jahre des letzten Jahrhunderts wurde bei den Gedächtnismessen eine Tumba, ein symbolhafter Sarg, im Mittelgang der Kirche aufgestellt. Das erfolgte auch im Sterbeamt, wenn, wie zeitweise gepflegt, die Beerdigung vor der Totenmesse vorgenommen wurde.

Nach der Beerdigung trifft sich die Familie mit Freunden und Nachbarn noch zum Leichenschmaus. Streuselkuchen, der seit jeher dabei war, wird heute von belegten Broten und je nach Tageszeit einer Suppe ergänzt. Der Leichenschmaus ist oft eine gute Gelegenheit für ein versäumtes Familientreffen und zieht sich manchmal auch weit in den Abend hinein.

Die einzelnen Grabstellen wurden früher mit schlichten Holzkreuzen ausgestattet, später wurden Gusseisenkreuze verwandt und heute sind es überwiegend Steinkreuze bzw. Steinplatten. Aus dem 17./18. Jahrhundert sind uns noch einige Basaltgrabkreuze überliefert, die Familiengrabstätten der Honoratioren schmückten.

Die Angehörigen schmücken die Gräber immer mit frischen Blumen, sodass der Friedhof ein schönes Bild abgibt. An Allerheiligen ist dann Großauflauf, alle treffen sich am Grab ihrer Angehörigen und der Pfarrer geht segnend durch die Reihen.

Manche Anekdote rankt sich um die Beerdigungen. So zum Beispiel schrieb eine ältere Jungfrau in ihrem Testament, dass alle Beerdigungsteilnehmer hinterher zum Leichenschmaus eingeladen seien, bis alles Geld verbraucht sei. Da es in der Hauptarbeitszeit war, hatten viele Familien nur ihre Kinder geschickt, um sich selbst die Zeit zu sparen. Die hatten dann einen schönen Tag und die "Alten" guckten dumm.

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